Der Fachkräftemangel in Hessen ist ein Mega-Thema für die heimische Wirtschaft und Politik. Die sich in den nächsten Jahren in den Ruhestand verabschiedende Babyboomer-Generation reißt riesige Löcher in das Fachkräfteangebot auf dem hessischen Arbeitsmarkt. Um neue Mitarbeiter zu finden, müssen Unternehmen neue, kreative Wege gehen. Wie schlimm ist die Lage wirklich und was müssen Sie tun? Das beantworten wir folgend.
Fachkräftemangel in Hessen: In welchen Branchen brennt's besonders
Bis 2028 werden in Hessen mehr als 178.000 Arbeits- und Fachkräfte fehlen, bis 2035 könnten es sogar 495.000 Fachkräfte sein. Laut der Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit stelle mittlerweile jeder sechste Beruf einen Engpassberuf dar. Dabei wird der Fachkräftemangel in Hessen vorranging durch die steigenden jährlichen Renteneintritte der Babyboomer verursacht. Zwischen 2022 und 2032 steigen diese von 40.000 auf knapp 80.000 jährlich.
Fast 330.000 hessische Fachkräfte gehen in der nächsten Dekade in den Ruhestand
Quelle Zahlen: Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit
Grafik: WK Personalberatung
In den nächsten 10 Jahren werden in den vielen Branchen zwischen 17 und 25% der Fachkräfte – branchenübergreifend nahezu 23 % – in Rente gehen.
Renteneintritte der Babyboomer reißen in einigen Branchen riesige Lücken
Quelle Zahlen: Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit
Grafik: WK Personalberatung
Sie reißen Lücken, die vorrausichtlich weder durch arbeitslose Fachkräfte noch durch eine Qualifizierung der vorhandenen Arbeitslosen ohne Berufsausbildung kompensiert werden kann. Zudem kommen nicht genug junge Fachkräfte nach. 2022 ist zudem erstmals ein Überhang an betrieblichen Berufsausbildungsstellen (weniger Bewerber als Ausbildungsstellen) festgestellt worden.
Defizite können bis 2028 nicht durch Qualifizierung unausgebildeter Personen ausgeglichen werden
Quelle Zahlen: Hessische Berufsprognosen
Grafik: WK Personalberatung
Am stärksten betroffen sind von diesem demografischen Wandel die ländlichen Kreise Hessens, weniger stark die hessischen Großstädte sowie das an sie angrenzende Rhein-Main-Gebiet. Aber auch hier finden sich zunehmend Defizite.
Viele Regionen vom Fachkräftemangel in Hessen betroffen
Quelle Zahlen: Hessische Berufsprognosen
In der IT-Branche kann beispielsweise durch Digitalisierung und Dekarbonisierung mit einer Zunahme der Nachfrage nach IT-Experten gerechnet werden – auch in den hessischen Großstädten. So hat sich beispielsweise die Nachfrage nach IT-Fachkräften seit 2013 fast verdoppelt, während das Angebot im nahezu gleichen Zeitraum auf dem gleichen Niveau geblieben ist. Die Folge: Die Schere zwischen Angebot und Nachfrage wird insgesamt immer kleiner.
Immer weniger frei verfügbare IT-Fachkräfte auf dem hessischen Arbeitsmarkt
Quelle Zahlen: Regionaldirektion Hessen der Bundesagentur für Arbeit
Grafik: WK Personalberatung
Zugleich sind knapp 15% der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der IT-Branche mindestens 55 Jahre alt, woraus sich ein altersbedingter Ersatzbedarf von 2.410 innerhalb der nächsten 10 Jahre ableitet. Insgesamt ziemlich düstere Aussichten, also. Mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die betroffenen Unternehmen.
Fachkräftemangel in Hessen: Mittelstand besonders hart betroffen
Die meisten Unternehmen sehen im Fachkräftemangel in Hessen die größte Gefahr für ihre Entwicklung. Er verteuert die Personalrekrutierung, reduziert Gewinnmarge und Umsatz und schränkt die Wettbewerbsfähigkeit erheblich ein.
Gewinn und Wettbewerbsfähigkeit leiden unter dem Fachkräftemangel in Hessen
Quelle Zahlen: Mittelstandsbund
Grafik: WK Personalberatung
Insbesondere KMUs und Kleinstbetriebe operieren häufig an der Auslastungsgrenze und sind aufgrund fehlender Mitarbeiter nicht in der Lage, neue Aufträge anzunehmen. Dem Mittestand entgehen dadurch erhebliche Umsätze
Fachkräftemangel in Hessen: Wie reagieren die Unternehmen?
Die meisten Unternehmen reagieren auf den Fachkräftemangel in Hessen, indem sie die folgenden Maßnahmen planen und umsetzen:
- Weiterbildung und Qualifizierung: Viele hessische Unternehmen investieren in die Weiterbildung ihrer bestehenden Mitarbeiter, um ihre Fähigkeiten zu erweitern und den Anforderungen gerecht zu werden.
- Recruiting-Strategien: Unternehmen setzen auf gezielte Recruiting-Strategien, um qualifizierte Fachkräfte in Hessen anzuziehen. Dazu gehören Jobmessen, Online-Plattformen und Personalvermittler.
- Attraktive Arbeitsbedingungen: Unternehmen bieten flexible Arbeitszeiten, Homeoffice-Optionen und attraktive Benefits, um Fachkräfte anzulocken und in Hessen zu halten.
- Kooperationen mit Bildungseinrichtungen: Unternehmen arbeiten mit hessischen Hochschulen und Berufsschulen zusammen, um den Nachwuchs zu fördern und potenzielle Mitarbeiter frühzeitig zu identifizieren.
- Internationale Fachkräfte: Einige Unternehmen rekrutieren Fachkräfte aus dem Ausland, um den Fachkräftemangel in Hessen zu kompensieren. Hierbei sind Sprachkenntnisse und interkulturelle Kompetenz wichtig.
Die genannten Maßnahmen entsprechen in etwa auch dem, was Sie in jedem Ratgeber zum Thema „Fachkräftemangel in Hessen und Gegenmaßnahmen“ finden können. Sie sind auch richtig und gut. Aber: Wenn Sie sich die obigen Statistiken genau angeschaut haben, werden Sie schnell erkennen, dass diese Ihnen nicht wirklich dabei helfen werden, den Fachkräftemangel in Ihrem Unternehmen zu überwinden.
Fachkräftemangel in Hessen: Was also ist die Lösung?
Zunächst einmal müssen Sie Ihre Zielgruppe neu definieren. Warum? Weil Sie bislang höchstwahrscheinlich die falschen potenziellen Kandidaten bei Ihren Recruiting-Bemühungen ins Visier genommen haben. Schauen Sie einmal auf die folgende Abbildung:
Nur 13 Prozent auf Jobsuche
Quelle Zahlen: Fachkräftebarometer 2021
Grafik: WK Personalberatung
Fällt Ihnen etwas auf? Genau! Nur 13% der Fachkräfte suchen aktiv nach einem neuen Job. Hinzu kommt: Um diesen Bewerberpool buhlen alle Unternehmen. Da ist es schon ziemlich schwer, sich von anderen Arbeitgebern abzuheben, um sich im War for Talents durchzusetzen.
Im War for Talents müssen Sie sich von anderen Unternehmen abheben
Und fällt Ihnen noch etwas auf? Richtig! 72 % der Fachkräfte sind zwar angestellt, aber entweder unzufrieden mit ihrem aktuellen Arbeitgeber (29%) oder offen für neue Herausforderungen (43%). Genau um diese Fachkräfte sollten Sie sich mit Ihren Recruiting-Maßnahmen bemühen. Warum? Diese Fachkräfte sind bereit sich finden zu lassen und bringen eine ganze Reihe an Vorteilen mit. Das ist Ihre Chance. Im Grunde Ihre einzige, wenn Sie dem Fachkräftemangel in Hessen etwas entgegensetzen möchten.
Passive Kandidaten sind die besseren Kandidaten
Klassische Maßnahmen der Personalrekrutierung erreichen nur wenige Bewerber und vernachlässigen insbesondere diese passiven Kandidaten, obgleich diese ein sehr viel größeres und qualifizierteres Segment des Arbeitsmarkts ausmachen.
Fazit
Um dem Fachkräftemangel in Hessen zu begegnen, müssen Sie vorrangig passive Kandidaten bewerben. Wie? Durch verschiedene Recruiting-Maßnahmen wie Active Sourcing gepaart mit einem effektiven Employer Branding. Das Wichtigste aber ist, und das dürfen Sie bei all Ihren Bemühungen nicht vergessen: Sie sind in der Pflicht. Sie müssen die Menschen von Ihren offenen Stellen, von Ihrem Unternehmen, von Ihrem Team und Ihrer Vision begeistern.
Das heißt: Sie müssen sich bei jedem Recruiting-Schritt in die Rolle Ihres Verkaufsteams versetzen und Ihr Unternehmen mit allen zur Verfügung stehenden Marketingtricks verkaufen. Denn auf dem heutigen Kandidatenmarkt befinden Sie sich in der Bewerberrolle. Betrachten Sie Ihre Kandidaten also wie Kunden, die Sie von Ihrem Produkt (= Vakanz) überzeugen möchten.