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Fachkräftemangel in der Versicherungsbranche: Zahlen, Ursachen und 3 einfache Lösungen

Würfel mit Piktogrammen, die verschiedene Versicherungsarten wie Kranken-, Haus-, Auto- und Reiseversicherung symbolisieren.
Auch in der Versicherungsbranche ist seit einigen Jahren ein akuter Fachkräftemangel spürbar. Dieser ist auf ein Überangebot von offenen Stellen für potenzielle Versicherungsfachkräfte und dem Renteneintritt langjähriger und damit erfahrener Mitarbeiter zurückführbar. Das führt dazu, dass die Teams unterbesetzt sind und die verbleibenden Kollegen stark belastet werden. Neue Fachkräfte zu finden ist entsprechend schwierig. Und kurzfristige Lösungen wie Interimskräfte sind auf Dauer teuer. Damit stellt sich die Frage, wie stabil die aktuelle Entwicklung bei den Beschäftigten- und Auszubildendenzahlen wirklich ist und ob die Branche dem zu erwartenden demografischen Schock in den kommenden Jahren gewachsen sein wird.

Inhalt

  1. Das Recruiting in der Versicherungsbranche wird schwieriger
  2. Drei einfache Lösungen für den Fachkräftemangel in der Versicherungsbranche
  3. Fazit
  4. FAQs

Das Recruiting in der Versicherungsbranche wird schwieriger

In den nächsten fünf Jahren wird sich der Fachkräftemangel in der Versicherungsbranche spürbar zuspitzen. Das zumindest ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage des Beratungsunternehmens Robert Half, bei welcher 245 Entscheider aus der Finanzbranche, darunter 91 von Versicherern zu HR-Fragen befragt wurden.

Die meisten gehen davon aus, dass unbesetzte Stellen in der Branche zum „New Normal“ werden. Nahezu die Hälfte rechnet in Zukunft zudem nicht nur mit einer stärkeren Belastung im Betriebsalltag, sondern auch mit Umsatzproblemen.

So haben sich die Beschäftigtenzahlen in der Versicherungsbranche entwickelt

Quelle Zahlen: AGV
Grafik: WK Personalberatung

Sind diese Befürchtungen begründet? Die aktuellen AGV-Beschäftigungsstatistiken zeichnen zunächst einmal ein positives Bild. Die Gesamtzahl der Arbeitnehmer in der Versicherungsbranche ist im letzten Jahr um 2,61 Prozent gestiegen. Und auch die Auszubildendenzahlen sehen gut aus: Mit 11.400 Azubis verzeichnet die Branche in 2024 einen Zuwachs von 7,55 Prozent.

Beschäftigung bei Versicherern: Auf den ersten Blick machen die Branchenzahlen Hoffnung

Quelle Zahlen: AGV
Grafik: WK Personalberatung

Schauen wir uns allerdings die Altersstruktur der Branche an, bekommt dieses Bild schnell Risse. Nehmen wir beispielhaft die AGV-Zahlen zum Innendienst: 2024 sind 171.500 Menschen im Innendienst beschäftigt, was einem Wachstum von 2,45 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Sehr gut. Fast ein Viertel der Innendienst-Beschäftigten (24,6 Prozent) wird aber in den nächsten fünf Jahren das Rentenalter erreichen. In Zahlen sind das 42.200 Fachkräfte im Innendienst. In zehn Jahren werden es sogar 39,9 Prozent sein. Das sind dann insgesamt 68.400 Fachkräfte, die der Branche allein im Innendienst verlorengehen.
Demografiebedingter Fachkräftemangel in der Versicherungsbranche: Ein Mann mit Hut und kariertem Hemd steht an einem Zebrastreifen. Im Hintergrund überquert eine Gruppe von jungen Menschen die Straße.
Die Renteneintritte der nächsten Jahre werden für Versicherer zum Problem
Selbst bei einem jährlichen Wachstum von 2,45 Prozent würde diese Lücke nicht ausgeglichen. Trotz dieses Anstiegs würden mehr als 20.000 Innendienst-Fachkräfte fehlen. Das aktuelle Wachstum bei den Beschäftigungszahlen kann also höchstens die Lücke verkleinern, aber bei weitem nicht schließen. Die demografischen Verluste sind dafür einfach zu groß. Hinzu kommt, dass die aktuelle Entwicklung wahrscheinlich ein statistischer Ausreißer ist und vermutlich Post-Corona-Effekte widerspiegelt.

Fachkräftemangel in der Versicherungsbranche: Hoffnungsträger Ausbildung?

Ein Lichtblick könnte die Entwicklung der Auszubildendenzahlen sein. Mit 11.400 Azubis verzeichnet die Versicherungsbranche in 2024 ein Plus von 7,55 Prozent. Bei einer Verbleibequote von 82 Prozent bleiben jährlich etwa 9.350 frisch ausgebildete Fachkräfte in der Branche. Wenn diese Zahlen konstant blieben, würde das ausreichen, um die demografischen Verluste in den nächsten Jahren zu kompensieren. Warum rechnet also dennoch fast die Hälfte der Entscheider mit personalbedingten Umsatzproblemen?
Nahaufnahme einer alten, mechanischen Rechenmaschine mit sichtbaren Zahlenrädern und Hebeln.
Wie immer lohnt sich ein genauerer Blick auf die Zahlen
Auch hier liegt der Teufel im Detail. Zum einen ist fraglich, ob die aktuell hohen Azubi-Zahlen nachhaltig sind. Das Wachstum könnte auch hier ein Corona-bedingter Nachholeffekt sein. Und dann liegen zwischen einem frischen Azubi-Abschluss und einem vollwertigen Versicherungsexperten mit 20 Jahren Berufserfahrung Welten. Während in den kommenden zehn Jahren über 68.000 erfahrene Innendienst-Mitarbeiter in Rente gehen, kommen bei gleichbleibend hohen Zahlen zwar genügend junge Talente nach, aber eben mit einem entscheidenden Unterschied: Sie stehen am Anfang ihrer Karriere. Ein erfahrener Underwriter, der komplexe Industrierisiken einschätzen kann, lässt sich nicht einfach durch einen Berufsanfänger ersetzen.

Hochspezialisierte Bereiche haben heute schon Probleme

Quelle Zahlen: Bitkom
Grafik: WK Personalberatung

Bereiche wie Aktuariat, IT oder Underwriting leiden jetzt schon unter akutem Fachkräftemangel. Weil sie hochspezialisiert sind. Hinzu kommt das typische Gefälle zwischen kleinen Regionalversicherern und großen Versicherern in Ballungszentren. Gerade in strukturschwachen Regionen kämpfen die Unternehmen bereits heute um jeden guten Mitarbeiter.
Der demografische Wandel kommt nicht schleichend, sondern in Wellen. In den nächsten fünf Jahren gehen die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er Jahre in Rente. Genau in dieser kritischen Phase müssen Unternehmen gleichzeitig erfahrene Mitarbeiter verabschieden, frische Kräfte einarbeiten und das operative Geschäft ohne Qualitätsverlust am Laufen halten.

Drei einfache Lösungen für den Fachkräftemangel in der Versicherungsbranche

1. Versicherer müssen im Kampf um Talente nachlegen

Wir beobachten bereits seit Längerem einen Paradigmenwechsel, eine Umkehrung der traditionellen Recruiting-Logik. Während es früher hieß „Wer will bei uns arbeiten?“, müssen Versicherer sich heute fragen: „Warum sollten Top-Talente bei uns arbeiten?“ Die Unternehmen müssen daher vom passiven Stellenausschreiber zum aktiven Talent-Magneten werden, und zwar dauerhaft und nicht nur bei einem akuten Bedarf.

Die gesamte Employer Experience im Auge behalten

2. Das Recruiting muss schneller modernisiert und digitalisiert werden

Viele Versicherer werben noch immer mit Slogans wie „traditionsreiches Unternehmen“ und „sichere Arbeitsplätze“. Das hilft nicht gerade dem verstaubten Image der Versicherungsbranche. Vor allem jüngere Talente wie Gen Z wollen Purpose, Flexibilität und Authentizität.

Grundlegende Anpassungen im Recruiting

Gerade die Digitalisierung des Recruitings zieht tech-affine Talente an, da so bereits mit dem ersten Touchpoint gezeigt, dass der Versicherer mit der Zeit geht.

3. Viele Prozesse können und müssen automatisiert werden

Während Branchenführer wie die Allianz bereits KI-gestützte Schadenbearbeitung einsetzen, gehen viele kleine Versicherer weiterhin nach altem Schema F vor: Häufen sich die Schadensfälle oder steigen die Kundeanfragen, werden mehr Sachbearbeiter eingestellt oder das Callcenter aufgestockt. Dadurch explodieren nicht nur die Personalkosten, sondern auch die Mitarbeiter sind frustriert, weil sie Routine-Arbeit machen.

Technik nutzen, Mitarbeiter einbinden

Warum nicht die Schadensfälle durch eine KI vorscreenen oder Kundenanfragen durch einen Chatbot beantworten lassen. Spezialisten kümmern sich dann lediglich um schwierige Beratungen. So können die Mitarbeiter nicht nur von Routineaufgaben befreit werden, sondern der Versicherer gerade für junge Talente attraktiver werden.

Fazit

Der Fachkräftemangel in der Versicherungsbranche ist nicht allein ein Rekrutierungsthema. Genauso entscheidend ist die Frage, wie Wissen gesichert und innerhalb der Teams weitergegeben wird. Unternehmen, die heute systematisch in Wissensmanagement und interne Nachfolgeplanung investieren, verschaffen sich einen echten Vorsprung – und machen sich unabhängiger vom immer enger werdenden Arbeitsmarkt.

FAQs

Warum ist der Fachkräftemangel in der Versicherungsbranche so ausgeprägt?

Weil gleich mehrere Faktoren zusammenkommen: viele offene Stellen, die baldigen Renteneintritte der Babyboomer und der geringe Nachwuchs in spezialisierten Bereichen wie Aktuariat, IT oder Underwriting. Diese Kombination sorgt dafür, dass selbst große Versicherer nur schwer Bewerber finden.

Welche Bereiche sind vom Fachkräftemangel in der Versicherungsbranche am stärksten betroffen?

Vor allem der Innendienst, wo in den nächsten zehn Jahren zehntausende Mitarbeiter in Rente gehen. Daneben sind Spezialisten knapp: Aktuare, IT-Fachkräfte und erfahrene Underwriter. Dort dauert die Besetzung offener Stellen oft Monate.

Reichen die steigenden Azubi-Zahlen aus, um den Fachkräftemangel in der Versicherungsbranche abzufedern?

Kurzfristig nicht. Zwar steigt die Zahl der Auszubildenden spürbar, doch sie können den Verlust erfahrener Innendienstmitarbeiter, Aktuare oder Underwriter nicht sofort auffangen. Es fehlen Praxiswissen, regulatorische Erfahrung und Kundenkontakte. Langfristig kann die Ausbildung ein Teil der Lösung sein, vorausgesetzt, die hohen Einstiegszahlen bleiben stabil und die Talente werden konsequent in der Branche gehalten.

Wie schlimm ist der Personalmangel bei Versicherern im Vergleich zu anderen Branchen?

Versicherungen verlieren bis 2030 über 30 Prozent ihrer Mitarbeitenden, deutlich mehr als andere Branchen. Während in Pflege, IT und Handwerk vor allem einzelne Berufsgruppen fehlen, sind bei Versicherern gleich mehrere Schlüsselbereiche betroffen: Aktuariat, Underwriting und IT gleichzeitig.

Welche Folgen hat der Fachkräftemangel in der Versicherungsbranche für Unternehmen und Kunden?

Fehlende Mitarbeiter führen in Versicherungen zu langsameren Policenbearbeitungen, verzögerten Schadenregulierungen und geringerer Beratungsqualität. Für die Belegschaften bedeutet das mehr Überstunden und steigende Fehlerquoten. Kunden erleben Wartezeiten, schlechtere Erreichbarkeit und weniger persönliche Betreuung. Bleibt die Lücke bestehen, drohen nicht nur Umsatzverluste, sondern auch ein spürbarer Vertrauensverlust gegenüber dem Versicherer.

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