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Energiebranche ächzt unter Energiewende: 3 Best-Practice-Beispiele gegen Fachkräftemangel

Bereits heute kämpft nahezu jedes zweite Unternehmen in der Energie- und Wasserwirtschaft mit Problemen bei der Besetzung offener Stellen. Acht von zehn Unternehmen erwarten eine Verschlechterung des Fachkräftemangels in den kommenden Jahren aus. Ohne wirksame Gegenmaßnahmen wird die Energiebranche die Energiewende nur verzögert oder in Teilen gar nicht umsetzen können. Wer wird gebraucht? Wo stecken Erwerbspotenziale? Wie sehen Best Practices aus? All dies beantworten wir folgend.

Fachkräftemangel in der Energiebranche wird sich verschärfen

Die Energiebranche durchläuft gerade fundamentale Transformationsprozesse, die vor allem von der Energiewende und Digitalisierung geprägt sind. Das Energiesystem gewinnt durch Dezentralisierung, den Anschluss neuer elektrischer Verbraucher sowie einen zunehmenden Anteil fluktuierender erneuerbarer Energien an Dynamik und Komplexität. Ein effizientes Management dieses komplexen Systems ist nur durch digitale Lösungen und KI möglich. Im Rahmen dieses Umbaus entstehen viele neue Jobs, die die Energiewirtschaft zu einem wichtigen Jobmotor der nächsten Jahre machen sollten. Das Problem? Bereits heute fehlen für die Energiewende über 200.000 Fachkräfte, insbesondere im technisch-operativen Bereich.

Vor allem technisch-operatives Personal fehlt der Energiebranche

Quelle Zahlen: bdew
Grafik: WK Personalberatung

Zugleich steht auch der Energiebranche ein Generationswechsel bevor. 70 Prozent der Fachkräfte, Experten und Führungskräfte in den Energieversorgungsunternehmen verabschieden sich in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand und müssen ersetzt werden. Wenig überraschend ist entsprechend, dass fast 80 Prozent der Unternehmen in den nächsten zwei Jahren mit Problemen bei ihrer Personalrekrutierung rechnen – vornehmlich aufgrund des demografischen Wandels.

Demografischer Wandel ist Top-Ursache für Fachkräftemangel in Energiebranche

Quelle Zahlen: bdew
Grafik: WK Personalberatung

Das spiegelt sich natürlich auch in den Vakanzzeiten wider. Während heute durchschnittlich 4 Monate gebraucht werden, um Mitarbeiter für eine Stelle in der Energiebranche zu finden, werden Stellenbesetzungen nach Ansicht vieler Unternehmen zukünftig 6 Monate dauern. Damit werden auch die Vakanz- und Recruiting-Kosten explodieren.

Stellenbesetzungen in der Energiebranche dauern künftig 6 Monate

Quelle Zahlen: bdew
Grafik: WK Personalberatung

Insgesamt ein nicht gerade optimistisch stimmendes Bild: Fachkräftemangel, der die ganze Energiebranche betrifft und nicht mit Region oder Unternehmensgröße korreliert und sich durch die demnächst ausscheidende Babyboomer-Generation verschärfen wird, während zugleich neue Stellen für die Digitalisierung und das Management eines immer komplexer werdendes Energiesystems geschaffen werden müssen. Mit entsprechenden Auswirkungen auf Unternehmen und Energiewende.

Negative Auswirkung des Fachkräftemangels auf Energiewende

Quelle Zahlen: bdew
Grafik: WK Personalberatung

Denn genau diese Jobs setzen Fachwissen im Energie- und IT-Bereich voraus. Auf dem Arbeitsmarkt sind aber nur wenige Fachkräfte mit eben diesem interdisziplinären Spezialwissen verfügbar. Und sie werden es in absehbarer Zeit auch nicht sein. Wie also reagieren die Unternehmen?

Auswirkungen auf das Recruiting in der Energiebranche

Die Unternehmen reagieren auf den Fachkräftemangel in der Energiebranche unterschiedlich. Die einen setzen auf kreative Recruiting-Strategien, andere auf eigene Weiter- und Fortbildungsangebote und umfassende Veränderungen bei der Arbeitsplatzgestaltung, wieder andere auf teilqualifizierte Arbeitskräfte und Leihpersonal. Ziel all dieser Maßnahmen ist vorrangig die Erhöhung des technisch qualifizierten Personals.

Insbesondere technisch qualifiziertes Personal im Zentrum der Recruiting-Bemühungen

Quelle Zahlen: bdew
Grafik: WK Personalberatung

Hierzu müssen die Unternehmen vor allem neue Zugangsmöglichkeiten und Qualifizierungsangebote für das interne Personal, potenzielle Quereinsteiger und Zuwanderer sowie attraktive Karriere- und Entfaltungsmöglichkeiten für den Fachkräftenachwuchs schaffen. Wie die Umsetzung aussehen kann, zeigen 3 Best-Practice-Beispiele.

Recruiting in der Energiebranche: Best-Practice-Beispiele

Wo können Sie potenzielle Fachkräfte für Ihr Unternehmen finden? Wie können Sie internes Potenzial identifizieren und entwickeln? Wie die Berufsorientierung praxisnah und attraktiv gestalten? Das zeigen wir anhand von drei Beispielen direkt aus der Energiebranche.

Die Recruiting-Strategie der Westenergie AG: Neue Fachkräftepotentiale identifizieren und erschließen

Die Westenergie AG aus Essen hat im Sommer 2023 das Programm „we start“ ins Leben gerufen. Dieses Programm zielt darauf ab, Menschen mit Fluchthintergrund eine schnelle und unkomplizierte Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen und so den eigenen Personalbedarf zu decken. Denn, obwohl viele dieser Menschen die fachlichen Voraussetzungen und sehr viel Motivation mitbringen, haben sie oft Schwierigkeiten, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Häufige Gründe sind Sprachbarrieren, nicht anerkannte Qualifikationen oder dass ihnen einfach nicht die Möglichkeit gegeben wird, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.

Unternehmen der Energiebranche müssen neue Potenziale finden und eigenständig entwickeln

Westenergie hat speziell 20 Stellen für das zweijährige Programm geschaffen, in das Menschen mit spezifischen Qualifikationen aufgenommen werden sollen:

  • Monteure, Meister und Techniker aus den Bereichen Energie, Elektro und IT
  • Absolventen der Studienfächer Maschenbau und Wirtschaftsingenieurwesen

Die Vorauswahl der Kandidaten übernehmen externe Partner wie Sprachschulen oder die Agentur für Arbeit. Die am Projekt Beteiligten erhalten zunächst einen Zweijahresvertrag und werden je nach vorhandenen Skills und Ausbildungen individuell qualifiziert. Nach Abschluss der zweijährigen Qualifizierung erhalten Sie einen unbefristeten Vertrag. „we start“ bietet von Anfang an Hilfe bei organisatorischen Angelegenheiten wie Behördengängen oder Genehmigungen sowie im persönlichen Bereich beim Erlernen von Sprachkenntnissen, der Wohnungssuche und Betreuung sowie der kulturellen Integration.

Die Recruiting-Strategie von EWE: Eigene Talente systematisch fördern

Wenn Sie die eigenen Beschäftigten entwickeln und qualifizieren, können Sie einige Lücken im Personalbedarf schließen. Das hat auch EWE erkannt. EWE fördert seine eigenen Fachkräfte und Talente im Rahmen seines im Frühjahr 2022 aufgesetzten Personalentwicklungsprogramms „personal IP“ (IP steht für Impulsprogramm). Die Teilnehmenden werden bedürfnisorientiert gefördert und dort abgeholt, wo sie sich fachlich und persönlich befinden. Hierzu entwickelt EWE individuelle, aus verschiedenen Bausteinen bestehende Entwicklungspläne.

Die Qualifizierung des eigenen Personals schließt Lücken und bindet langfristig

Ziel ist es, potenzielle Talente im Unternehmen zu identifizieren und diese durch gezielte fachbezogene Impulse in ihrer persönlichen und beruflichen Entwicklung zu fördern. Es richtet sich entsprechend an Mitarbeiter, die eine berufliche Veränderung anstreben – sei es beispielweise durch die Übernahme von mehr Verantwortung oder den Wechsel in einen neuen Tätigkeitsbereich. Einzige Voraussetzung ist Motivation und vorhandenes Potenzial. Den Teilnehmern werden von EWE anderthalb bis zwei Tage im Monat für das Programm freigeschaufelt, in denen sie in der Gruppe oder einzeln qualifiziert werden. Das Programm wird sehr gut angenommen (Verhältnis: 3 Bewerber auf eine Stelle) und trägt zu einer nachhaltigen Mitarbeiterbindung und Nachwuchssicherung bei.

Die Recruiting-Strategie von 5 Unternehmen aus der Rhein-Neckar-Region: Attraktivität bei MINT-Nachwuchs steigern

Wie können Sie Begeisterung für MINT-Fächer entfachen und die berufliche Vielfalt innerhalb der Energiebranche erlebbar machen? Indem Sie möglichst früh auf Nachwuchskräfte zugehen – und zwar bereits in der Berufsorientierungsphase in der Schule. Daher haben sich 5 Unternehmen in der Metropolregion Rhein-Neckar zusammengeschlossen, um 20 Schülern der neunten (Hauptschule) und elften Jahrgänge (Gymnasium) einmal im Jahr gemeinsam einen MINT-Erlebnisparcours anzubieten.

Personalmangel früh mit Angeboten für Nachwuchskräfte begegnen

Im Rahmen eines freiwilligen Praktikums besuchen diese pro Tag ein Unternehmen, um dort in einen Ausbildungsberuf oder dualen Studiengang aus dem MINT-Bereich reinzuschnuppern. Dabei können die Schüler den Mitarbeitern bei der Arbeit über die Schulter schauen und sich mit den Auszubildenden in den Unternehmen auf Augenhöhe austauschen. Das Besondere? Die Schüler können sich so nicht nur einen, sondern mehrere Jobs aus dem MINT-Bereich anschauen. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass etwas dabei ist, das die Schüler wirklich interessiert. Das Programm ermöglicht den teilnehmenden Unternehmen zudem, Eigenwerbung für sich als Arbeitgeber (Stichwort: Employer Branding) zu machen und so früh Nachwuchskräfte zu binden.

Fazit

Die Fachkräftesicherung wird die Energiebranche in den nächsten Jahren vor große Herausforderungen stellen. Um die Energiewende in Deutschland nicht zu gefährden, ist seitens der Unternehmen mehr Engagement bei Personalbeschaffung und -aufbau erforderlich. Die Energiebranche konkurriert nämlich mit anderen Branchen wie dem Baugewerbe oder dem Handwerk um die begehrten Fachkräfte.

Hierzu müssen neue Recruiting-Wege fernab der traditionellen Personalbeschaffung, die vorrangig auf klassische Bildungswege und eng abgesteckte Qualifikationen setzt, gegangen werden. Die Devise lautet: Potenziale finden, fördern, halten. Egal, ob im eigenen Team, bei fachfremden Fachkräften, zugewanderten Menschen oder Geringqualifizierten. Jede einzelne gewonnene Fachkraft zählt.

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