Demografischer Wandel und Fachkräftemangel haben den Arbeitsmarkt in den letzten Jahren zu einem Kandidatenmarkt werden lassen. Unternehmen müssen heute um Talente werben und die gestiegenen Ansprüche von Kandidaten auch beim Recruiting berücksichtigen. Auf der Suche nach qualifiziertem Personal müssen Unternehmen alle Kommunikationskanäle ausschöpfen und zu Recruitingkanälen ausbauen, über die potenzielle Bewerber proaktiv angesprochen werden. Folgend werden wir zeigen, warum klassische Recruitingmaßnahmen häufig nicht mehr funktionieren und wie Unternehmen mit Active Sourcing den Herausforderungen durch den Kandidatenmarkt begegnen können.
Was bedeutet Rekrutierung auf dem Kandidatenmarkt?
Quelle Prozentzahlen: ifo-Studie 2022
Grafik: WK Personalberatung
Das Problem? Da sich der Arbeitsmarkt in den letzten Jahren zu einem Kandidatenmarkt entwickelt hat, müssen Unternehmen ihren Recruitingprozess auf Passivbewerber ausrichten – auf potenzielle Fach- und Führungskräfte, die nicht aktiv nach einem neuen Job suchen. Dies gilt insbesondere dann, wenn Experten mit ganz spezifischen Skills gesucht werden. Diese Kandidaten können Unternehmen nicht mit Stellenausschreibungen und Anzeigen in Printmedien oder auf Social Media-Plattformen erreichen. Auf diese müssen Recruiter proaktiv zugehen und mit einem guten Angebot dazu bringen, ihr aktuelles Beschäftigungsverhältnis zu überdenken. Diese proaktive Direktansprache potenzieller Mitarbeiter heißt Active Sourcing.
Was ist Active Sourcing?
Active Sourcing ist die gezielte proaktive Suche, Direktansprache und Rekrutierung von passenden Kandidaten für eine vakante Stelle. Beim Active Sourcing durchsuchen Recruiting-Teams Karrierenetzwerke und Lebenslaufdatenbanken nach möglichen Kandidaten, um diesen anschließend ein Stellenangebot zu machen. Das Unternehmen bewirbt sich entsprechend anders als im klassischen Recruiting mit diesem Angebot bei seinen Wunschkandidaten.
Grafik: WK Personalberatung
Die Zielgruppe ist beim Avtive Sourcing wesentlich größer, da nicht nur aktiv Suchende, sondern auch latent Wechselwillige in den Recruitingprozess eingeschlossen werden. So wird der potenzielle Kandidatenkreis enorm erweitert und die Erfolgsaussichten des Recruitings erhöht. Denn die Gruppe der latent Wechselwilligen ist sehr viel größer ist als die der aktiv suchenden Kandidaten.
Bislang unterschätzen allerdings viele Unternehmen die Wirkung einer Direktansprache und wenden Active Sourcing erst dann an, wenn sie über klassische Recruitingkanäle keine geeigneten Kandidaten für ihre Vakanzen finden. Sie verfügen entsprechend über keine ganzheitliche Active Sourcing-Strategie. Diese aber ist die Basis für ein zielorientiertes Recruiting, ohne welches Ressourcen verschwendet werden. Mit einer durchdachten Active Sourcing-Strategie können Unternehmen
- die Time-to-hire,
- den Zeitaufwand und Ressourceneinsatz der Personalbeschaffung reduzieren sowie
- durch den Aufbau eines Talent-Pools schneller auf personelle Engpässe reagieren.
Was bedeutet Rekrutierung im Active Sourcing?
Prinzipiell haben Unternehmen bereits früher Active Sourcing angewandt, wenn sie potenzielles Fachpersonal auf Messen, Konferenzen oder Karriereevents angesprochen und umworben haben. Solche Offlinemaßnahmen gehören auch heute noch in eine ganzheitlichen Active Sourcing-Strategie. Die volle Effektivität entfaltet Active Sourcing allerdings in Kombination mit Onlinemaßnahmen. Die für eine Direktansprache typischen Kanäle sind:
Grafik: WK Personalberatung
Im Zentrum einer jeden Active Sourcing-Strategie steht der Aufbau eines Talent-Pools. Als Talent-Pool wird die Datenbank eines Unternehmens bezeichnet, in der die Profile potenzieller Kandidaten hinterlegt sind, mit denen das Recruiting-Team bereits in Kontakt gekommen ist. Verfügt ein Unternehmen über einen umfangreichen Talent-Pool, muss es nicht für jede vakante Stelle Stellenausschreibungen schalten und auf qualifizierte Rückmeldungen warten. Das verkürzt den Recruitingprozess und spart Ressourcen, da das Recruiting-Team die Kandidaten bereits kennt.
Der Talent-Pool wird aufgefüllt mit qualifizierten ehemaligen Bewerbern, Mitarbeitern und Praktikanten sowie Fach- und Führungskräften aus anderen Unternehmen, die über andere Kanäle wie beispielsweise Profile Mining gewonnen werden. Beim Profile Mining sucht das Recruiting-Team auf Business-Plattformen wie Xing oder LinkedIn nach Profilen geeigneter Kandidaten, schreibt diese an und weist sie auf ein Jobangebot hin. Bietet dieses einen Mehrwert, wird auch eine nur latent suchende Fach- oder Führungskraft ihr aktuelles Arbeitsverhältnis überdenken.
Beim Referral Sourcing schauen sich Personaler die Kontakte der bereits rekrutierten Mitarbeiter an, da hier die Wahrscheinlichkeit Talente mit ähnlicher Qualifikation zu finden recht hoch ist. Bei der CV Database Search prüft das Recruiting-Team komplette Lebensläufe über Datenbanken wie Monster.de oder Stepstone, um einen noch präziseren Match zu erreichen. Dies kann auch über eine Suchmaschinen-Suche mit Booleschen Befehlen erfolgen.
Für welche Unternehmen bietet sich Active Sourcing an?
Active Sourcing eignet sich prinzipiell für jedes Unternehmen, das dem Fachkräftemangel vorausschauend begegnen und sich über einen breiteren Bewerberpool zukunftssicher aufstellen möchte. Insbesondere in den Branchen, in denen bereits heute ein Engpass besteht, wie den IT- und naturwissenschaftlichen Bereichen, befinden sich die gewünschten Kandidaten in aller Regel bereits in einem Arbeitsverhältnis. Hier müssen Unternehmen ihren Recruitingprozess breiter aufstellen, um besseren Zugang zum Kandidatenmarkt zu erhalten. Ein einfaches Veröffentlichen und Onlinestellen von Stellenausschreibungen wird hier nicht mehr zum Erfolg führen.
Daneben lohnt sich Active Sourcing aber auch für kleinere und mittlere Unternehmen mit geringer Bekanntheit oder an Standorten, die sich nicht in Ballungszentren befinden. So ist es beispielsweise in Metropolregionen wie FrankfurtRheinMain in einigen Branchen auch heute noch möglich, die gewünschten Kandidaten über klassische Recruitingkanäle zu erreichen. In Regionen wie Gießen, Hanau, Fulda oder im Main-Kinzig-Kreis ist die Wahrscheinlichkeit dagegen geringer, da generell weniger Bewerber zur Verfügung stehen. Insbesondere, wenn Kandidaten mit einem ganz spezifischen Skillset gesucht werden. Hier müssen Unternehmen proaktiv nach gewünschten Kandidaten suchen und diese für sich begeistern. Das erfordert auch eine grundlegende Umstellung von der Arbeitgeber- zur Arbeitnehmerperspektive.
Active Sourcing als Dienstleistung
Fazit: Was bedeutet Rekrutierung heute?
Klassisches Recruiting erreicht im Kandidatenmarkt in aller Regel nicht die Kandidaten, die die für ein Unternehmen erforderlichen Skills mitbringen. Heute müssen Unternehmen proaktiv auf die gewünschten Bewerber zugehen und sich bei diesen mit einem Angebot bewerben. Viele Unternehmen nutzen Active Sourcing aktuell ausschließlich zur Besetzung von Vakanzen, die mit anderen Recruitingmaßnahmen nicht besetzt werden können. Wenn aber Active Sourcing nicht nur punktuell, sondern ganzheitlich gedacht wird, liefert das Konzept einen Baustein, mit dem dem zunehmenden Fachkräftemangel begegnet werden kann. Eine gelungene Active Sourcing-Strategie geht schließlich mit einer nicht zu vernachlässigenden Außenwirkung einher: Sie stärkt den Auftritt des Unternehmens als Arbeitgebermarke.