Laut GTAI werden die Rechenzentrumskapazitäten in Deutschland innerhalb der nächsten fünf Jahre von 1,3 auf 3,3 Gigawatt steigen. Im Jahr 2023 wurden allein in Frankfurt laut einem GDA-Bericht 134 Megawatt (MW) neue RZ-Kapazitäten hinzugefügt. Aktuell befinden sich 542 MW im Bau und weitere 383 MW sind geplant. Doch der Fachkräftemangel wird zunehmend zum Hemmschuh für dieses dynamische Wachstum. Es fehlen einfach spezialisierte Fachkräfte in Betrieb, IT, Elektrotechnik, Kühlung, Monitoring und Sicherheit, die die ambitionierten Wachstumspläne umsetzen.
Inhalt
- Fachkräfte fehlen – und die Lücke wächst
- An welchen Stellen der Engpass am größten ist
- Standard-Recruiting greift zu kurz
- Sechs Handlungsfelder für RZ-Betreiber: So lassen sich Engpässe lösen
- Fazit
- FAQs
Fachkräfte fehlen – und die Lücke wächst
Viele Rechenzentren beklagen, dass sie ihre offenen Stellen nicht passenden Fachkräften besetzen können. Dies liegt zum einem am extrem engen Markt. Es gibt einfach nicht genügend Menschen auf dem Arbeitsmarkt, die das erforderliche Know-how für den Betrieb und die Wartung von Rechenzentren mitbringen. Daneben sind angrenzende Branchen wie die IT für viele Fachkräfte sehr viel attraktiver. Insbesondere für junge Talente. Gründe sind die hohe Arbeitsintensität, hohe Qualifikationsanforderungen, steile Lernkurven und Schichtarbeit.

Dann hat es in der RZ-Branche in den letzten Jahren eine Reihe von Übernahmen und Fusionen gegeben, die mit Entlassungswellen einhergingen. Diese haben den verfügbaren Fachkräftepool nicht nur numerisch verkleinert, sondern auch qualitativ geschwächt: Know-how ging verloren, Mitarbeitende haben das Vertrauen in die Branche verloren und sich umorientiert – zumeist in Richtung IT. Darunter litt auch das Branchenimage, was zusätzlich die Gewinnung neuer Talente erschwert hat.
Der wachsende Personalmangel gefährdet die Betriebssicherheit und Wachstumsziele der RZ-Branche
Quelle Zahlen: ComputerWeekly
Grafik: WK Personalberatung
Europäische Rechenzentrumsstandorte: Talentlücke zwischen etablierten Hubs und aufstrebenden Märkten
Quelle Zahlen: GDA
Grafik: WK Personalberatung
Diese neuen Standorte befinden sich oft in abgelegenen oder weniger attraktiven Regionen, was die Rekrutierung von qualifiziertem Personal erschwert. Die etablierten FLAP-D-Märkte verfügen über einen vorhandenen Talentpool und talentfördernde Institutionen, was ihnen einen Vorteil bei der Anwerbung von Fachkräften verschafft. Außerhalb des deutschen Hubs Frankfurt beispielsweise sehen laut GDA 65 Prozent der RZ-Betreiber im Fachkräftemangel ihre größte Herausforderung.

Hinzu kommt, dass viele der noch verbliebenen Fachkräfte kurz vor ihrer Rente stehen. In den nächsten zehn Jahren werden sehr viele RZ-Mitarbeiter ausscheiden und mit diesen Erfahrung und Expertise verloren gehen. Auch Automatisierung wird diese Mitarbeiter in naher Zukunft nicht ersetzen können.
Viele erfahrene Tech-Fachkräfte gehen bald in Rente
Quelle Zahlen: ComputerWeekly
Grafik: WK Personalberatung
Das Ergebnis: Ein strukturelles Personalproblem, das sich mit klassischen Rekrutierungsmaßnahmen kaum noch lösen lässt und zu langfristigen Folgen führen kann. Denn ohne fehlendes Personal können die RZ-Betreiber keine stabile Dienstleistung liefern. Es kommt zu steigenden Kosten, Ausfallzeiten, verzögerten Projektumsetzungen, zunehmenden Outsourcing von Leistungen und Sicherheitsrisiken. Und die wiederum können den Geschäftserfolg der Kunden beeinträchtigen. Auftragsverluste sind bereits heute keine Seltenheit mehr. Mit steigender Tendenz.
Auswirkungen des Personalmangels auf RZ-Branche: Von Betriebsrisiken bis zu verzögerten Projekten
Quelle Zahlen: Security Storage und Channel Germany
Grafik: WK Personalberatung
An welchen Stellen der Engpass am größten ist
Wie eine aktuelle Erhebung unter mehr als 3.000 Experten der RZ-Branche zeigt, erwarten nahezu alle Befragten, dass das ohnehin knappe Fachkräfteangebot weiter sinken wird – bei gleichzeitig steigender Nachfrage. Die Schere zwischen Bedarf und Verfügbarkeit wird zukünftig also weiter geöffnet. Und zwar entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Planung, Bau und Betrieb sind also gleichermaßen vom Fachkräftemangel betroffen. Besonders kritisch wird die Situation allerdings von Projektentwicklern eingeschätzt, die von gravierenden Engpässen bei Planungs- und Baupersonal berichten.
Typen von Rechenzentren und ihre Merkmale
Quelle Zahlen: European Data Center Overview 2024
Grafik: WK Personalberatung
Daneben rechnet das Technologieforschungs- und Beratungsunternehmen ISG mit einer längst überfälligen Modernisierungswelle in der IT-Infrastruktur, die vielen Unternehmen zwingt, ihre Strategien neu auszurichten – sei es zur Verbesserung der Betriebssicherheit, zur Integration neuer Technologien oder zur Effizienzsteigerung. Parallel entwickeln sich Cloud-Modelle von hybriden und Multi-Cloud-Ansätzen weiter in Richtung Polycloud. Dabei steht die gezielte Nutzung spezialisierter Dienste im Vordergrund, was spezifischere Anforderungen an Hosting- und Co-Location-Lösungen mit sich bringt. Hier entsteht beispielsweise zusätzlich Bedarf an Cloud-Infrastrukturspezialisten, DevOps-Ingenieuren, Cybersecurity- und KI-/Automatisierungsexperten sowie Energieeffizienz-Spezialisten.
Standard-Recruiting greift zu kurz
Standardisierte Recruiting-Prozesse reichen in diesem Umfeld nicht mehr aus. Gesucht werden beispielsweise Elektrofachkräfte mit Erfahrung im Betrieb redundanter Energieversorgungen, Gebäudetechniker mit Kenntnissen in Brandschutz- und Klimasystemen für Hochverfügbarkeitsumgebungen oder IT-nahe Betriebsspezialisten, die sowohl mit BMS- und DCIM-Systemen als auch mit Schichtbetrieb und Eskalationsroutinen vertraut sind.

Fünf Handlungsfelder für RZ-Betreiber: So lassen sich Engpässe lösen
1. Frühzeitig Talente aufbauen und mit einer Pipeline gegensteuern
Auch wenn sich die Branche bewusst ist, kurz vor einer Pensionierungswelle zu stehen, investieren viel zu viele RZ-Betreiber zu spät in den Aufbau von Nachwuchs. Hinzu kommt, dass viele Arbeitssuchende keine genaue Vorstellung von der RZ-Branche und den Karrieremöglichkeiten haben. Hochschulkooperationen, duale Studiengänge mit technischem Fokus und gezielte Kontakte zu Berufsfachschulen im elektrotechnischen Bereich können Sie dabei unterstützen, ihre Arbeit sichtbar zu machen und eigene Pipelines zu schaffen.
2. Potenziale in Nachbarbranchen erkennen und gezielt aufbauen
Bewerber beklagen oft, dass sie trotz vieler passender Qualifikationen keine Stelle bekommen. Wenn Sie Ihre Einstiegshürden und Anforderungen flexibler gestalten, haben Sie in der aktuellen Arbeitsmarktlage deutlich bessere Einstellungschancen. Sprechen Sie systematisch Nachbarbranchen an – z. B. Betriebstechniker aus der Industrie, Elektrotechniker aus der Energieversorgung, HLK- und Kältetechniker aus dem Facility Management oder IT-Systemelektroniker. Bei gezielter Schulung können diese vergleichsweise rasch integriert werden. Entscheidender als Branchenerfahrung sind oft technische Belastbarkeit, Sicherheitsbewusstsein und Schichttauglichkeit.

Wenn Sie sich solche Profile systematisch erschließen, erarbeiten Sie sich einen klaren Vorsprung und besetzen gerade kritische Rollen nachhaltiger. Wenn Ihnen hierzu das nötige Markt-Know-how, die Zeit für das Active Sourcing, die gezielte Ansprache oder die strukturelle Reichweite fehlt, lohnt sich die Zusammenarbeit mit einer auf die RZ-Branche spezialisierten Personalberatung, die genau diese Lücken professionell schließt.
3. Fachkräfte weiterqualifizieren und Know-how im Betrieb halten
Nachhaltigkeitsziele, strengere Berichtspflichten (z. B. im Rahmen der CSRD) sowie neue Steuerungslogiken in der Gebäude- und Anlagentechnik verändern die Anforderungen an das technische RZ-Personal. Künftig braucht es Fachkräfte, die nicht nur Anlagen bedienen, sondern auch Energieverbräuche analysieren, Optimierungspotenziale erkennen und regulatorische Vorgaben mitdenken können.
Wenn Sie heute bestehende Betriebsteams gezielt weiterentwickeln – etwa in Richtung Energiecontrolling, IT/OT-Konvergenz oder automatisierte Instandhaltung – sichern Sie sich mittel- bis langfristig die nötige Handlungssicherheit. Sie vermeiden zudem externe Abhängigkeiten, stärken Ihre Mitarbeiterbindung und machen aus Ihren Technikern strategische Know-how-Träger.
4. Realistische Erwartungshaltungen schaffen, damit Bewerber nicht vorab abspringen
5. Vielfalt aktiv fördern, um ungenutzte Talentreserven zu erschließen
Die RZ-Branche bleibt seit Jahren in vielen Bereichen ziemlich homogen – vor allem, was Alter und Geschlecht betrifft. Wenn Sie aktiv auf unterrepräsentierte Gruppen zugehen, beispielsweise durch gezielte Kampagnen für Frauen oder durch Integrationsprojekte für berufserfahrene Migranten, erweitern Sie Ihren Talentpool.
Fazit
Der zunehmende Fachkräftemangel stellt RZ-Betreiber vor strukturelle Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf Wachstum, Betriebssicherheit und Technologiewandel. Wenn Sie nicht nur über die üblichen Maßnahmen rekrutieren, sondern auch systematisch alternative Profile erschließen, Qualifizierungsmaßnahmen und strategische Partnerschaften ausbauen, können Sie Ihre Personalengpässe mindestens abschwächen. Der Schlüssel liegt in einer vorausschauenden Personalstrategie, die technische Anforderungen und Arbeitsmarktrealität gleichermaßen berücksichtigt.